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Ständige Unterbrechungen? So gehst du professionell mit unhöflichen Kolleg:innen um

Umfragen haben gezeigt, dass rund 50 Prozent der Beschäftigten am Arbeitsplatz mit demselben Problem zu kämpfen haben. Sie werden ständig unterbrochen, was zu einer geringeren Konzentration und weniger Produktivität führt. Gleichzeitig fühlen sich die Störenden kaum schuldig, was von Unhöflichkeit und Respektlosigkeit zeugt. Wir haben verschiedene Strategien zusammengetragen, mit denen du Kolleg:innen begegnen kannst, die dich ständig unterbrechen und die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie gegenüber deiner Arbeit ignorant und wenig wertschätzend sind. Damit setzt du nicht nur wichtige Grenzen für dich selbst, sondern trägst einen Teil zu einer respektvollen Bürokultur bei.

Unterbrechungen haben negative Konsequenzen

Die meisten kennen das: Der:die Chef:in möchte, dass ein Dokument fertiggestellt wird. Doch beim Schreiben klingelt das Telefon, es kommen neue E-Mails an (natürlich mit «Pling») und ein Kollege steckt den Kopf zur Bürotür hinein, weil er wissen möchte, was es heute zu Mittag gibt. Vielleicht hat auch die Kollegin eine Frage zur Funktionsweise des neuen Kaffeeautomaten? In jedem Fall sind es Unterbrechungen, die weder nötig noch für die:den Unterbrochenen relevant sind. Die negativen Konsequenzen daraus: Die Konzentration sinkt, denn Multitasking ist eben doch nur ein Mythos. Die Qualität der eigenen Arbeit sinkt, die Produktivität ebenfalls.

Eine Unterbrechung ist jede Störung, bei der Betroffene die eigene Arbeit für eine bestimmte Zeit unterbrechen müssen. Allein die Frage «Darf ich kurz stören?» ist bereits eine solche Unterbrechung und führt dazu, dass die Bearbeitung einer Aufgabe nicht weitergeführt werden kann. Fehler und im schlimmsten Fall sogar Unfälle durch mangelnde Konzentration nehmen signifikant zu. Unterbrechungen werden nach externen und internen Ursachen unterschieden:

  • Externe Ursachen: Sie kommen von aussen und sind weder geplant noch vorhersehbar. Meist sind es Kolleg:innen, der Chef oder die Chefin sowie Kund:innen, die diese Störungen verursachen. Auch IT-Probleme oder ausbleibende Lieferungen können den Arbeitsfluss extrem stören. Der oder die Betroffene muss sich der neuen Aufgabe widmen und kann die bisherige nicht fortsetzen.
  • Interne Ursachen: Die Person kann den Zeitpunkt der Unterbrechung selbst bestimmen und unterbricht die eigene Arbeit aktiv. Eine interne Störung ist beispielsweise eine Pause.

Genau genommen handelt es sich um zwei verschiedene Dinge: Unterbrechungen sind als Zwischenfälle zu sehen, eine Störung hingegen muss nicht zwingend mit einer Arbeitsunterbrechung einhergehen. Der Wechsel der aktuellen Aufgabe mit Hinwendung zum neuen Thema ist nicht zwingend nötig. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden «Unterbrechung» und «Störung» allerdings meist synonym verwendet.

Akzeptiert oder nicht akzeptiert?

Liegt eine Unterbrechung vor, kann zwischen einer akzeptierten und einer nicht akzeptierten Unterbrechung unterschieden werden. Bei einer akzeptierten Unterbrechung wendet sich der oder die Betroffene der Störung zu, die ursprüngliche Aufgabe wird ausgesetzt. Häufig kommt eine neue Aufgabe hinzu, das Arbeitspensum erhöht sich. Die neue Aufgabe kann sofort oder später erledigt werden, auch das Delegieren an Kolleg:innen ist möglich. Wird die Unterbrechung nicht akzeptiert, bleibt es zwar bei dieser Störung, die neue Aufgabe wird aber nicht übernommen. Das Problem daran ist, dass die Arbeit dennoch bereits unterbrochen wurde, ein Gedankenfluss ist gestört oder ein Handlungsablauf nicht mehr zu Ende zu führen. Die Konzentration ist geringer, die Produktivität sinkt.

Ein wichtiges Kriterium ist die Automatisierung der ausgeführten Tätigkeit. Ist der Automatisierungsgrad hoch, muss eine Unterbrechung nicht zwingend zu einem Problem werden, da beispielsweise Antworten nebenbei gegeben werden. Die eigentliche Aufgabe wird dabei nicht unterbrochen, was vor allem bei manuellen Tätigkeiten der Fall ist. Ist Konzentration beim Lesen oder Schreiben gefragt, spielt der Automatisierungsgrad keine Rolle.

7 Strategien zur Vermeidung von Störungen und zum Umgang mit ignoranten Kolleg:innen

Viele kennen das: Es gibt diesen einen Kollegen oder die eine Kollegin, der oder die immer wieder stört. Ständig sind es Kleinigkeiten, die nachgefragt oder unbedingt «jetzt sofort» besprochen werden müssen. Das ist respektlos und unhöflich. Wie aber damit umgehen, ohne den:die Kolleg:in zu verärgern? Wir haben sieben Strategien, mit deren Hilfe sich das Unterbrechungsproblem niveauvoll klären lässt – ohne beim Öffnen der Bürotür ein «Raus hier!» zu brüllen.

Strategie # 1: Störungen im Team besprechen

Im Rahmen von Teambesprechungen oder Meetings innerhalb der Abteilung sollte das Thema «Unterbrechung» auf den Tisch gebracht werden. Dabei sollte eher allgemein gesprochen werden. Nicht «Frau Meierle stört mich immer», sondern es geht um konkrete Situationen. Die Ich-Perspektive ist dabei wichtig. Gemeinsam kann in diesem Rahmen versucht werden, unterbrechungsfreie Zeiten zu vereinbaren. Der Vorteil: In der Runde sind alle für die Abteilung wichtigen Personen beisammen und kennen zum einen die Hintergründe, zum anderen die Lösung. Später kann darauf hingewiesen werden, dass sich alle Kolleg:innen mit der Vorgehensweise zu einer unterbrechungsfreien Zeit einverstanden erklärt haben. Wichtig: Alle Mitarbeiter:innen müssen Ansprechpartner für einzelne Anliegen kennen. Nur dann ist es ihnen möglich, sich direkt an die richtige Person zu wenden und nicht alle anderen Kolleg:innen stören zu müssen, um eine Auskunft zu erhalten.

Strategie # 2: Antworten bündeln

Diese Strategie lässt sich vor allem bei Kolleg:innen anwenden, die wegen Kleinigkeiten E-Mails verschicken (und das mehrfach am Tag). Um die unnötigen Anfragen einzudämmen und nicht ständig aus dem eigenen Flow gerissen zu werden, werden die Mails ein- oder zweimal täglich gebündelt beantwortet. Bekommt der Kollege oder die Kollegin nicht immer sofort eine Antwort, stehen die Chancen gut, dass die Nachfragen weniger werden. Schwierig ist bei dieser Strategie allerdings, dass auch wichtige Anfragen verspätet beantwortet werden könnten.

Strategie # 3: Probleme einfach ansprechen

Wie bei der Besprechung im Team gilt: Es ist sinnvoll, die Dinge, die als problematisch wahrgenommen werden, direkt zu thematisieren. Dafür sollten die störenden Kolleg:innen einzeln angesprochen werden. Die Ich-Sprache ist dabei wichtig, um deutlich zu machen, dass hier ein persönliches Problem vorliegt. «Ich ärgere mich über …» ist ein Beispiel dafür. Es geht darum, das Problem der Unterbrechungen und der individuellen Konsequenzen direkt anzusprechen. Je nach Empfindlichkeit des:der Kolleg:in kann es aber sein, dass danach erst einmal ein wenig Missstimmung herrscht.

Strategie # 4: Kolleg:in kennenlernen

Diese Strategie zielt weniger darauf ab, die Unterbrechungen direkt zu reduzieren, sondern es geht dabei um das Verständnis für den Kollegen oder die Kollegin. Warum hat er oder sie das dauernde Bedürfnis, sich an andere Mitarbeiter:innen zu wenden? Im Pausen-Smalltalk lässt sich sicherlich einiges in Erfahrung bringen, es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich. Vielleicht ist die betreffende Person einfach nur einsam und sollte mehr einbezogen werden? Im Rahmen eines vertrauteren Gesprächs kannst du zudem darauf hinweisen, wie wichtig dir deine Konzentration ist und wie schwierig es für dich ist, nach einer Unterbrechung ins Thema zurückzufinden.

Strategie # 5: Schaffen von Arbeitsinseln

Alles Reden und Bitten hilft nicht? Dann versuche, dein Büro in eine Insel von Ungestörtheit zu verwandeln. Nicht nur das berühmte «Bitte nicht stören»-Schild ist gewinnbringend, auch das (Ab-)Schliessen der Bürotür ist sinnvoll. Darüber hinaus sollten Mailbenachrichtigungen ausgeschaltet, das Telefon umgeleitet und Termine clever geplant werden. Wenn du weisst, wann du dich am besten konzentrieren kannst, sollte deine Insel genau in dieser Zeit liegen.

Strategie # 6: Kolleg:innen meiden

Diese Strategie ist die letzte Lösung, wenn nichts anderes mehr hilft: Die störenden Kolleg:innen werden konsequent gemieden. Wer auch in der Pause das Gefühl bekommt, dass sein oder ihr Geplapper nicht erwünscht ist, wird sich zurückziehen. Es sollte versucht werden, den direkten Kontakt mit dem:der Kolleg:in so weit wie möglich einzuschränken, dann wird er oder sie auch keinen Bedarf mehr danach haben, zwischendurch Büroklatsch zu verbreiten oder den Kontakt zu suchen. Doch diese Strategie kann den Nachteil haben, dass sich eine berufliche Zusammenarbeit mit diesem Kollegen oder dieser Kollegin schwieriger gestaltet.

Strategie # 7: Unterbrechungen positiv nutzen

Es hilft alles nichts und die:der Kolleg:in will etwas länger besprechen? Verbinde die Unterbrechung mit ein paar Dehnübungen, mit einem kurzen Gang über den Flur oder mit einer Kaffeepause. Mach dabei deutlich, dass du danach nicht mehr gestört werden möchtest. Nutzt du (auch ungeplante) Unterbrechungen clever, können sie deine Konzentration sogar steigern. Das gilt aber nur, wenn sie nicht zu häufig vorkommen und nicht dazu führen, dass du deine Arbeit nicht mehr erledigt bekommst.

Tipps, wenn du selbst Kolleg:innen unterbrechen musst

Natürlich kann auch der Fall eintreten, dass du selbst eine:n Kolleg:in unterbrechen musst. Wie gehst du selbst dabei vor? Ganz einfach: Störe so, wie du selbst gestört werden möchtest! Mach der Person klar, dass du ihre Zeit zu schätzen weisst und wende dich nur mit dringenden Angelegenheiten an den:die Kolleg:in. Formuliere deine Anfrage simpel und präzise und stelle eine klare sowie eindeutige Frage. Wenn feststeht, dass sich das Problem nicht einfach in drei Sätzen lösen lassen wird, solltest du eine planbare Besprechung ansetzen. Bei Nutzung von Online-Terminkalendern im Unternehmen kannst du direkt sehen, wann dein:e Kolleg:in Zeit hat. Erstelle in dem Fall den Termin und beschreibe in kurzen Worten, worum es geht. Musstest du jemanden bei dessen Arbeit stören, bedanke dich danach für die Zeit und die schnelle Lösung des Problems. So bleibst du nicht als Störenfried in Erinnerung, sondern wirst als höflicher Mensch empfunden.

Das Bild oben wurde von unserem Designer mithilfe eines KI-Tools erstellt. 🧑‍🎨 🤖

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